Was hat uns nur geritten? Einen Tag der offenen Tür am Nationalfeiertag. Natürlich wollen wir dazu auch Kuchen und Kaffee anbieten, nur wir haben ja unsere Küche noch gar nicht. Wir wollen unser Angebot präsentieren und haben weder ein Gastraum noch eine Menükarte, eigentlich einfach nur eine grosse Baustelle. Was haben wir uns angetan?
Es war uns von Beginn an klar, dass dieses Projekt mit viel Arbeit mit sich bringen wird. Wir haben unser daher sehr bewusst vorgenommen uns immer Zeit für uns und die Erholung zu nehmen. Sehr gute Vorsätze die wir in den ersten Monaten auch gut einhielten. Hier ein Ausflug, da ein ruhiger Tag oder ein gemütliches Abendessen.
Aber bereits mit den ersten Helfer die zu uns waren, wurde alles etwas schwieriger. Seit Januar arbeiten auch die Handwerker bei uns und plötzlich ist dies nur noch mit viel Organisation möglich bzw. ging einfach so vergessen.
Wir können es kaum fassen aber irgendwie ist es wahr. Unsere Suite die wir in den ersten Jahren als Wohnung benutzen möchten ist bezogen. Da bauen wir 9 Monate um, leben in einem Provisorium. Nun plötzlich sitzen wir in einer neu renovierten Suite und haben eine Tür die wir abschliessen können.
Heute bin ich aufgewacht und habe mich gefragt „Wie haben wir das nur geschafft?“
Unser Provisorium in den alten Hotelzimmern ist geräumt und nur noch mein Arbeitsplatz bleibt bis ich diesen in mein Büro bei der Reception zügeln kann. Das Bett und die Bilder sind abgehängt und nun schon bald beginnen wir auch hier mit dem Abriss. Die letzten drei Wochen waren wie ein Film. Irgendwie unwirklich und eine Szene schloss sich der anderen an. Möbel organisieren und hoffen das wir die Umbauten mit der Wandtäfelung hinkriegen. Zierleisten präzise sägen und die LED Beleuchtung verlegen. Alles war bisher nur in unserem Kopf vorhanden und die Umsetzung war mehr als ungewiss. Können wir das überhaupt. Das Rausreissen ist eine Sache des Kopfes und der Kraft. Die Entsorgung und das Reinigen der Baustelle eine Fleissaufgabe. Und nun plötzlich steht unsere ganze Planung auf der Probe.
Die Wandtäfelung läuft wie geschmiert und ist in einem Wochenende montiert. Die Handwerker kommen und gehen und stehen wie auch wir, vor manch neuer Aufgabe. Die Decken- und Fussleisten kommen gerade noch rechtzeitig und auch Wasser und Strom funktioniert wie am Schnürchen. Wie gut zieht unser Bauleiter die Fäden und sorgt für den nötigen Druck.
Ich weiss immer noch nicht wie wir die Küche in einem halbe Tag gezügelt und umbaut haben aber es hat funktioniert und am Samstag Abend stehen wir in einer eingerichteten Wohnung. Mit einer Tür die wir abschliessen können.
Unfassbar nun haben wir zum ersten Mal drei Welten in unserem Gebäude. Die alten Hotelzimmer, eine grosse Baustelle und die ersten fertigen Räume. Ein erstes Ziel ist erreicht und dies in der geplanten Zeit. Auch mit dem Kaffee und der Küche sind wir nicht schlecht in der Zeit und noch sieht es so aus, das wir Ende September vielleicht doch schon öffnen könnten. Das wäre genau die Mitte von unserem Zeitfenster „zwischen Juli und Dezember“. Noch glauben wir nicht so ganz an diese Punktlandung aber bei diesem Projekt scheint alles möglich.
Wir sind völlig überrascht und unglaublich dankbar über das was wir hier erleben dürfen und hoffen das dieser gute Stern der über diesem Projekt steht auch weiterhin uns den Weg leuchtet.
Nun sind wir bereits 8 Monate in Schweden und wir haben viel geschafft. Die Einwanderung ist praktisch abgeschlossen und auch unsere Firmengründung steht nichts mehr im Wege. Ein Behördenmarathon wie wir ihn noch nie erlebt haben geht nun zu Ende. Das gibt Platz frei für die zukünftigen Aufgaben. Wir sind aber nicht nur auf den Papieren, sondern auch in unserer Wahrnehmung angekommen. Die letzte Reise in die Schweiz war ein Auslandaufenthalt und die Rückreise fühlte sich wie Heimkommen an. Irgendwie verrückt wie schnell das geht und das Schwedische Motto „borta bra, hema bäst“, sich erleben lässt. Auch wen wir nicht wissen ob unser Plan mit dem Värdshuset Pilgrimen aufgehen wird, sind wir dankbar, zu dieser verrückten und unglaublichen Reise ja gesagt zu haben.
Wir sind nun bereits 7 Monate in Schweden und unser Umbau scheint kein Ende zu nehmen. Der Rausriss vielleicht zu 2/3fertig. Der Aufbau an verschiedenen Stellen sichtbar, aber fertig auf keinen Fall. Da fragen nicht nur wir uns, ob wir nicht ein klein wenig verrückt sind? Vielleicht ist verrückt nicht das richtige Wort. Angefressen am Projekt , mit Herz dabei sein, der Glaube an den Erfolg, trifft es vielleicht besser. Welcher grössere Fortschritt wurde nicht als verrückt bezeichnet oder gar als Teufelswerk abgetan? Ja sicher für die Menschheit ist das Pilgrim wohl völlig nebensächlich. Für die Gemeinde Hagfors und deren Bewohner vielleicht nicht gerade lebensverändern, aber wichtig und für uns ist es die Zukunft an die wir glauben. Das ist es doch ein Gegenleistung von 24 Monaten dafür zu kämpfen mehr als wert, oder nicht?
Ja die ersten sieben Monate vergingen wie im Fluge. Wir, glaube ich zumindest, haben noch nie so intensiv gelebt und alles Erlebte in uns aufgesogen, wie in dieser Zeit. Unglaubliche Erlebnisse liegen hinter uns und wir sind sicher, es werden noch viele Folgen. Es ist unglaublich welche Kraft uns unser Projekt täglich nimmt und trotzdem vielfach zurückgibt. Eine Erkenntnis, die mir erst durch einen Kommentar in den SocialMedia bewusst wurde. Kraft aus der Arbeit schöpfen ist vielleicht komisch, trifft es trotzdem richtig gut. Welche innere Freude am Abend zu sehen, was erreicht wurde. Wenn ich erschöpft und müde bin, stehe ich vor unserem Hotel und schaue das Gebäude Fragen an: „Lohnt sich der Einsatz für dich?“. Jedes einzelne Mal beginne ich zu schmunzeln und alle Zweifel sind weg.
Aber ja der Umbau ist ein Knochenjob und wir sind dankbar über die Handwerker. Sie helfen uns, uns durch den schwedischen Bauvorschriften Dschungel zu bewegen. Erledigen die Facharbeiten speditiv und termingerecht und werden Länger je mehr zu guten Freunde. Ja wir sind überrascht was wir mit den Handwerkern erleben und hören von vielen Auswanderer ganz anders. Aber wie sagte der Entwicklungschef der Gemeinde: „Keiner will sich bei diesen Projekt eine Blösse geben“. Wir haben inzwischen sehr gut Verstanden, dass auch die Schweden an dieses Projekt glauben und einzig von den interessierten Einheimischen, die Finanzierung nicht möglich war. Eigentlich Schade, das es soweit kommen musst.
Schweden gibt uns sowieso viel zurück. Die Natur ist allgegenwärtig, die Leute sind freundlich wen auch zurückhaltend und das Leben hat sich völlig entschleunigt. Ja ich staune wie weit die Schweiz weggerückt ist. Nein hier ist weder alles goldig noch glänzt alles und viele Problem sind auch hier auf dem Lande vorhanden. Aber irgendwie erscheint das Leben hier einfach und lebenswert zu sein.
Schauen wir einmal was die nächste Zeit bringt. Auf jeden Fall freuen wir uns von der Baustelle in unsere renovierte Wohnung zu ziehen. Das geht noch einige Wochen, aber da ist ein Ende nun wirklich absehbar.
Ja die schwedischen Bauvorgaben sind eine Welt für sich. Da ist vieles ins Detail reguliert und anderes spielt keine wirkliche Rolle. Aber andere Länder andere Sitten und endlich verstehen wir die Badezimmer der Schweden. Was wir von den Banken noch nicht sagen können. Im Prinzip kann in Schweden eine Firme innerhalb von wenigen Stunden gegründet werden, aber für ein Konto zum einzahlen des Aktienkapitals darf es dann 3 Monate gehen.
Unglaublich was in den letzten Monaten alles passiert ist. Der Weg ist vorgespurt und die Leitplanken gesetzt, aber die vielen Detailfragen verlangen uns vieles ab. Täglich sind wir mit Aufgaben und Fragen konfrontiert, die sich uns noch nie gestellt hatten. Nein wir Zweifeln in keiner Weise an unserem Weg, aber wir spüren das der Marathon eben nicht nach 10km fertig ist. Wir müssen unsere Kräfte einteilen und nach einem strengen Aufstieg uns auch notwendige Erholungsphasen erlauben. Ja wir müssen nicht die ersten im Ziel sein und wir wollen das Ziel gesund und mit viel Freude im Herzen erreichen. Wir erlauben uns auch einmal müde zu sein. Dies ist kein Zeichen von Schwäche, sondern das Eingeständnis eine ausserordentliche Leistung zu erbringen.
Nach den langen Rausreissen müssen viele Entscheidungen getroffen werden. Welche Tapeten, Farbkonzepte und Style. Wie soll unser Bad aussehen und wie die Theke. Auch wurden wir von der Gemeindeentwicklung eingeladen uns und unser Projekt an einem Unternehmerfrühstück vorzustellen. Mit der Eröffnung des Bankkontos und der absehbaren Firmengründung schliessen wir die Einwanderung nun langsam ab und es geht auch hier in eine neue Phase.
Nun sind wir seit fünf Monaten am rausreissen und haben uns an unseren ganz eigenen Takt gewöhnt. Aber seit dem 7 Januar ist irgendwie alles anders. Auf der Baustelle ist ein reges kommen und gehen und plötzlich sind bis zu 10 Handwerker bei uns. Ja und plötzlich geht es um die Inneneinrichtung. Wir suchen Tapeten, Wand- und Deckenverkleidungen und immer wieder stolpern wir über das einzuhaltende Brandschutzkonzept. Der Jahreswechsel hat nicht nur frostige und dunkle Nächte gebracht, sondern uns mit Nordlichtern und den unglaublichen Winterstimmungen erfreut. Es ist eben so Schweden hat auch im Winter durchaus seinen Reiz.
Das Jahr 2025 hat begonnen und es hätte kaum besser starten können. Die Nordlichter zeigten sich und in der Silvesternacht hat es 10 cm Schnee gegeben. Der zweite Januar begrüsste uns mit strahlendem Sonnenschein und das Licht ist einfach fantastisch. An welchen faszinierenden Ort sind wir da doch gezogen. Wiederum bin ich von der Schönheit dieser Gegend überwältigt. Das können wir nach der Weihnachtszeit so alleine in unserer neuen Heimat gut gebrauchen. Denn die Familie und Freunde haben uns in dieser Zeit doch gefehlt.